Der goldne Topf von Dietmar Schlau Nach dem gleichnamigen »Märchen aus der neuen Zeit«
von E. T. A. Hoffmann
Der goldne Topf ist Schwerpunktthema im Deutsch-Abitur.
Für den Studenten Anselmus geht es beruflich steil bergauf. Doch dann beleidigt er ungewollt eine Marktfrau – er verschmäht ihre Äpfel. Erbost belegt das Weib ihn mit einem Fluch: 'Ins Kristall dein Fall'. Die mysteriöse Alte ist bereit, den Fluch zurückzunehmen, wenn Anselmus eine Aufgabe erfüllt, denn er sei 'Der Auserwählte'. Der fromme Anselmus verweigert …
… wird dann aber von einer Schlange erneut dazu gedrängt. Er verliebt sich in die Schlange und willigt ein. Kaum geschehen, wird er von dem wunderlichen Lindhorst besucht. Er sei 'Der Archivar', der Hüter eines kostbaren Wissens. Anselmus wird als 'Kopist' verpflichtet, er soll Bewahrer und Verbreiter dieses Wissensschatzes sein.
Anselmus wird also in das geheime Wissen eingeweiht und erkennt dadurch, dass in der leistungs- und profitorientierten 'Kristallwelt' ein menschenwürdiges Miteinander unmöglich ist. Er entscheidet sich gegen Karriere und Reichtum und für die Schlange und Lindhorst. Doch dann muss er erleben, dass auch die humane Welt ein tödliches Geheimnis hat …
Die Bühnenfassung von Dietmar Schlau transportiert die Handlung des Originaltextes in die heutige Zeit. Durch Konkretisierung von Lindhorsts Wissensschatz – dessen Inhalt im Original nicht erläutert ist – wird zudem das zentrale Element der Novelle, der Widerspruch zwischen 'Traumwelt' und 'Realwelt', verdeutlicht.
Dies geschieht durch Aufdeckung und Erklärung der von E.T.A. Hoffmann verwendeten Symbolik. Diese Symbolik umspannt die ganze Welt, zieht sich durch alle Kulturkreise, alle Epochen, und taucht sogar in unseren Träumen auf. Sie ist universal gültig. Die Entschlüsselung dieser Symbolsprache ist in die Geschichte eingewoben.
Das Besondere an diesem Stück ...
Apfel, Schlange, Kristall – die Symbolik ist enträtselt. Das Fantasiestück 'Der goldne Topf' von E. T. A. Hoffmann entstand und spielt in der Kulturepoche der Romantik. Literarische Grundthemen dieser Zeit sind Sehnsucht, Fantasie, Emotion, Leidenschaft etc. Diese Themen wurden gerne durch romantische oder mystische Schauplätze voller symbolischer Elemente illustriert.
So auch in Der goldne Topf, dessen Kennzeichen und zentrales Thema die Existenz zweier sich gegenseitig ausschließenden Welten ist. Anselmus – der Protagonist – fühlt sich in der 'Realwelt' fehl am Platze, und es erwacht in ihm die Sehnsucht, in die 'Traum- und Fantasiewelt' zu wechseln. Was genau diese Welt ausmacht, wird von Hoffmann nicht erklärt, die Beschreibung bleibt diffus und unkonkret. Hoffmann bedient sich aber eines reichhaltigen Symbolinventars, um die Fantasiewelt zu versinnbildlichen.
Die Symbolik, die er dafür verwendet, ist weltweit zu entdecken – durch alle Kulturkreise, durch alle Epochen, bis zurück in die Steinzeit. Auch heute ist sie aktuell, und in Kunst, Kultur, Religion und unserer Psyche präsent – unsere Träume beispielsweise verwenden genau diese Symbolsprache jede Nacht.
Ein Beispiel möge das veranschaulichen: Anselmus verschüttet Äpfel und missachtet und geringschätzt ein Apfelweib. Deswegen wird seine 'heile Welt' zerstört, das ist sein Ruf zum Abenteuer. Dies ist identisch mit der christlichen Geschichte der 'Vertreibung aus dem Paradies'. Das Motiv wird auch sogleich wieder aufgenommen, indem eine Schlange in einem Holunderbusch (Baum) ihn betört. Auch dies ist zentrales Thema in der Bibel.
Hoffmanns goldener Topf ist voll mit diesen Symbolen – das schwarze Tor, Himmelfahrtstag, Kristall, Schlange, Äpfel, Salamander, Vögel, die Rauerin, die Türklopfer-Fratze … das alles und mehr sind Symbole und Archetypen aus dem kollektiven Unbewussten der Menschheit.
Hoffmann hat diese Symbolsprache daher vermutlich nicht zufällig gewählt, sondern, wie alle Kunstschaffenden, intuitiv verwendet. Dies ohne Kenntnis der Symbolbedeutung, denn diese Symbole wurden erst vor ca. 70 Jahren entschlüsselt, also ca. 130 Jahre nach Verfassen der Geschichte.
Meine Bühnenfassung nun, deckt diese Symbolik auf, erklärt die Hintergründe und liefert 'die Beweise' für die Symboldeutung. Dabei fügt sich das Wissen organisch in die Geschichte ein, ohne als Fremdkörper zu wirken. Um dies zu erreichen habe ich ein Merkmal der Erzählung ausgenutzt, das sich insofern als glückliche Fügung angeboten hat: Der Vertreter der Traumwelt – Lindhorst – verwaltet einen Wissensschatz, den er (durch Anselmus als 'Kopisten') erhalten will. Es scheint sich um ein wichtiges Wissen zu handeln, denn Lindhorst bietet Anselmus nicht nur Geld, sondern sogar sein Tochter als 'Bezahlung' an. Um was für einen wichtigen Wissensschatz es sich handelt, das verrät uns Hoffmann allerdings nicht. (Vermutlich deshalb, weil dieses Wissen erst mehr als 100 Jahre nach seinem Tod entdeckt wurde.) Es ist jedoch naheliegend, dass es sich um das intuitiv gespürte, – aber noch nicht beschreibbare – Wissen um die Enträtselung der Symbolsprache handelt. Dies ist insofern schlüssig, weil die der Symbolik zugrunde liegenden Mechanismen nicht nur die Symbole, sondern auch unsere Sehsucht nach einer Traum- und Fantasiewelt erzeugten. Mit der Entschlüsselung der Symbolik wurden nicht nur die Symbole erklärbar, sondern es wurde auch offenbar, warum wir Menschen diese Sehnsucht nach einer anderen Welt verspüren.
Die Sehnsucht nach einer Traum- und Fantasiewelt ist uns Menschen angeboren, sie ist in uns genetisch verankert. Das dürfte der seelische Antrieb für das Schaffen dieser Literaturgattung – und das Entstehen der Epoche der Romantik überhaupt – gewesen sein. Auch diese Zusammenhänge werden in meiner Bühnenfassung (quasi nebenbei) erklärt. Dies ohne die Geschichte im Kern zu verändern, die Charaktere, Anselmus' 'Heldenreise', seine Stationen, die Konflikte, der Plot usw. sind erhalten geblieben und klar erkennbar.
Dennoch bietet meine Bühnenfassung damit eine andere, umfassende, tiefer gehende Sichtweise auf den 'goldenen Topf', seinen Inhalt und seine Bedeutung. Die romantische Liebesgeschichte zwischen Anselmus und Serpentina ist 'nur' die Oberfläche, 'nur' die wahrnehmbare Manifestation eines künstlerischen Schöpfungsaktes. Das Wesentliche der Geschichte liegt darunter verborgen, und wird durch die Erklärung der zugrunde liegenden Prinzipien der kollektiven Symbolik offensichtlich.
'Der goldne Topf' in dieser Fassung, hat somit ein besonderes Merkmal – er ist einerseits Produkt dieser Schöpfungsmechanismen, und liefert gleichzeitig – in die Geschichte eingewoben – die Erklärung seiner eigenen zugrunde liegenden Prinzipien. Er ist eine Geschichte, die sich selbst erklärt. Das Stück lädt dadurch den Zuschauer ein, hinter den Horizont zu schauen, es bietet ihm sowohl die Möglichkeit, als auch den Freiraum, für eigene Gedanken und Interpretationen.
Die erwähnten Prinzipien, Mechanismen und seelischen Antreiber steuern uns und gestalten unsere Welt. Der goldne Topf ist somit kein Relikt aus alter Zeit, sondern aktueller denn je. Ich habe deshalb die Erzählung in heutiger Zeit angesiedelt. Die Geschichte und die Charaktere wurden dadurch nicht verändert, es ist aber eine deutlichere und konkretere Darstellung der Aussage möglich, und vor allem zeigen sich dadurch die Parallelen und die Relevanz zu unserem heutigen Weltgeschehen.
'Der goldne Topf' ist Schwerpunktthema im Deutsch-Abitur, ich denke, auch deshalb dürfte das Stück für Zuschauer, und besonders für Abiturienten, eine Bereicherung sein.
Dauer
Abendfüllend, ca. 100 - 120 min.
Besetzung
Anselmus
Veronika
Lindhorst
Serpentina
Heerbrand
TOD
GOTT
Student, ca. 18 - 25 Jahre
seine Verlobte, Karrierefrau
alter Mann, Hüter geheimen Wissens
Lindhorsts Tochter, zuweilen in Gestalt einer Schlange
Firmenboss eines menschenverachtenden, globalen Unternehmens
Das Stück eignet sich sehr gut für Schultheater-Projekte.
Aufführungsbedingungen und Preise
Tantiemen:
Mindestpauschale von:
10% der Aufführungseinnahmen, mindestens jedoch die
55 €